Interview mit Semina Project (SIA-Finalist 2018)
Semina Project kurz SePro verbindet gleich mehrere Ziele in einem! Durch schadstofferzeugende Kohleöfen werden täglich Menschen beim Kochen in Entwicklungsländern tödlichen Luftverschmutzungen ausgesetzt. Jedes Jahr sterben laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) 3.8 […]
Wir sprachen mit SIA-Finalist Michael Keinrath, welcher gemeinsam mit Simon Brockmeier und Christian Weindl SePro gründete um Leben zu retten.
Elisa von This Sustainable Life: Wie würdest du SePro in einem Satz beschreiben?
Michael von SePro: Wir bauen kleine Werkstätten in denen effiziente und schadstoffarme Holzsparöfen produziert werden, die jeder selber bauen kann.
Elisa: Wie habt ihr die Idee für euer Projekt bekommen? Was habt ihr in dem Moment gemacht als euch die Idee eingefallen ist? Wo wart ihr?
Michael: Ich war selbst schon für einige Entwicklungszusammenarbeitsprojekte in Tansania unterwegs und war schockiert wie die Menschen dort kochen und wie viel Rauch dadurch in ihren Häusern ist. Als ich für ein Waisenhaus-Projekt dort war sah es auf den ersten Blick so aus als würden die Häuser im Hintergrund brennen, wegen dem ganzen Rauch. Dabei haben die Dorfbewohner zur Begrüßung für uns gekocht und wir haben über den vielen Rauch geredet. Um ihnen den Wunsch nach rauchfreien Küchen zu ermöglichen haben wir in zusammenarbeit einen Holzsparofen entwickelt, der auf die Bedürfnisse und Vorlieben der Community angepasst ist.
Elisa: Warum hattet ihr das Gefühl das Projekt jetzt umsetzen zu müssen und für wen setzt ihr es um?
Michael: 18.900 Menschen sterben jedes Jahr in Tansania wegen der häuslichen Luftverschmutzung verursacht durch die offenen Feuerstellen. Des Weiteren wird 80% des entnommenen Holz verbrannt. Unsere Zielgruppe sind die drei Milliarden Menschen, die auf offenem Feuer kochen und unter der absoluten Armutsgrenze leben. Wir möchten jedem Menschen ermöglichen sich einen schadstoffarmen Holzofen leisten zu können. Durch den Einsatz unserer Öfen kann eine tansanische Familie über eine Tonne Holz pro Jahr sparen, den Schadstoffausstoß um 70% reduzieren, 120km Fußweg pro Monat für das Holzsammeln sparen, sicher Kochen und 1,8t CO2 pro Jahr einsparen.
Elisa: Wie stellt ihr sicher, dass die Öfen leistbar sind?
Michael: Unsere Holzöfen sind in zwei Modulen aufgebaut, einfach und lokal herstellbar. Die Öfen werden vor Ort aus lokalen Ressourcen produziert und sind dadurch sehr günstig in der Herstellung. Dadurch kann sich die lokale Bevölkerung ohne Mikrokredite die Holzöfen leisten und die Mitarbeiter werden fair bezahlt. Die Herstellungskosten betragen momentan 16 Dollar vor Ort. Der Vorteil ist auch, dass jeder den Ofen selber bauen kann, man braucht dazu nur Lehm oder Blech, einen Hammer und Meisel. Im besten Fall hat man aber eine Micro-Facility in der Nähe stehen, wo man den Ofen einfach mit selbstgebauten Maschinen herstellt.
Elisa: Wie genau sind eure Öfen konzipiert und glaubt ihr, dass sie von den Menschen vor Ort genutzt werden?
Michael: Wir haben zusammen mit der lokalen Dorfgemeinschaft den Ofen entwickelt und in Rücksprache immer wieder auf die Benutzer angepasst. Zurzeit testen wir die Öfen in Österreich um diese laufend zu verbessern. Vor Ort werden wir dann die Öfen erst ab Dezember testen, wann wir nach Tansania reisen und die ersten Prototypen bauen. Diese ersten Holzsparöfen werden ein halbes Jahr verwendet werden und wo die lokale Bevölkerung unseren gemeinsam entwickelten Ofen auf Herz und Nieren testet. Vorab haben wir die Bevölkerung bereits gefragt was ihnen wichtig ist, nämlich, dass es vor allem benutzer-, brennstofffreundlich ,effizient, schadstoffarm und sicher in den Küchen ist. Unser Modell vereint alle diese gewünschten Eigenschaften in einem kompakten Ofen.
Elisa: 1,8t CO2 pro Jahr sind ja ganz schön viel, würde sich euer Projekt nicht als CO2-Kompensationsprojekt beim anderen SIA-Finalisten Reisebunt anbieten?
Michael: *lacht* Ja, unser Projekt passt wirklich sehr gut mit Reisebunt zusammen, denn wir sparen das CO2 ein, das Philipp (Gründer von Reisebunt) kompensieren will.
Es ist jedoch nicht ganz so leicht, da es unter dem Clean Development Mechanism verschiedene Standards gibt nach denen man ein CO2-Zertifikat erstellen darf. Sozialprojekte haben hier auch eine eigene Zertifizierung. Die BOKU hat einen geeigneten Standard, welcher ähnlich wie der Gold Standard ist und ebenfalls für Klimaschutzprojekte, die auch eine soziale Komponente haben, gilt, nur mit dem Unterschied, dass er deutlich günstiger als der Gold Standard ist. Mit SePro fokussieren wir uns auf zehn Sustainable Development Goals (SDGs). Es wäre großartig wenn wir unsere Projekte in Tansania durch die CO2-Kompensation finanzieren könnten. Also ein Partner wie Reisebunt wäre auf jeden Fall super.
Elisa: Wie hat sich euer Team zusammengefunden und woher habt ihr die nötigen Kompetenzen um SePro umzusetzen?
Michael: Wir Drei haben uns über Ingenieure ohne Grenzen Austria gefunden, dort bekommen wir auch viel Unterstützung von unserer Regionalgruppe. Zum Beispiel haben wir eine Einschulung ins Projektmanagement erhalten und sind auch so auf den SIA aufmerksam geworden. Durch den wir viele hilfreiche Kontakte wie z.B. zur ADA (Austrian Development Agency) bekommen haben. Natürlich ist es auch hilfreich, dass wir Maschinenbau und industrielle Energietechnik sowie Industrielogistik studieren und dadurch die Holzsparöfen technisch konzipieren können. Christian ist auch Schlossermeister und bildet für uns die Trainer aus.
Elisa: Wie ist euer Geschäftsmodell und was ist eure Vision?
Michael: Wir möchten soziale und ökologische Nachhaltigkeit forcieren. Daher verkaufen wir keine Holzsparöfen, sondern bilden Communities aus, damit sie diese selbst herstellen können. Mit der CO2-Kompensation möchten wir die Communities mit weiteren Ausbildungsmodulen unterstützen. Auch in den Schulen bilden wir Jugendliche aus wie man nachhaltig mit Ressourcen umgeht (dass mehr Bäume nachgepflanzt als abgeholzt werden) und bringen ihnen die Fähigkeiten bei, die sie brauchen um eine Anstellung in den Werkstätten zu finden oder Öfen selbst herstellen können. Unsere Vision ist, dass in Zukunft nicht nur Holzsparöfen produziert werden, sondern auch PV-Anlagen und Module für die Wasseraufbereitung gebaut werden.
Elisa: Was ist eure größte Schwierigkeit bei der Entwicklung eures Projektes? Welche persönlichen Eigenschaften helfen euch dabei?
Michael: Am schwierigsten ist sicher, dass wir so viele interdisziplinären Themen in einem Projekt vereinen. Zum Glück sind wir neugierig und begeistern uns mit Themen aus Bereichen die nichts, wirklich gar nichts mit unserem Studium zu tun haben . Eine große Hilfestellung ist auch Ingenieure ohne Grenzen Austria, wo uns Experten aus verschiedenen Bereichen unterstützen.
Elisa: Was würdest du potentiellen Gründern empfehlen?
Michael: Einfach aktiv werden. Vor 3 Jahren gab es eine Infoveranstaltung von Ingenieure ohne Grenzen Austria gegangen, dabei wurde über interessante Möglichkeiten diskutiert ein nachhaltiges Abwasserkonzept für eine Schule zu entwickeln und dieses auch vor Ort in Tansania aufzubauen. Dann habe ich mich voll reingehängt und war wenig später bei dem Projekt in Tansania. Mir ist es wichtig, dass ich die Theorie die ich im Studium lerne, auch praktisch anwenden kann. Wenn man aktiv werden will, also wirklich aktiv, dann sollte man keine Ausreden suchen, sondern einfach die Chance ergreifen, sich ein Team finden und loslegen.