Interview mit MobiDic (SIA-Finalist 2018)
Sozialarbeiter haben den ganzen Tag nur mit Menschen zu tun? Ein großer Irrtum, schließlich müssen sie nach anstrengenden Diensten stundenlang ihren Arbeitsalltag dokumentieren. Doch diese Aufgabe haben sie nicht mehr […]
Sozialarbeiter haben den ganzen Tag nur mit Menschen zu tun? Ein großer Irrtum, schließlich müssen sie nach anstrengenden Diensten stundenlang ihren Arbeitsalltag dokumentieren. Doch diese Aufgabe haben sie nicht mehr lange – Dank MobiDic, einem Startup, welches eine App mit Speech-to-Text-Technologie entwickelt hat, welche die Dokumentation vereinfacht und vor allem auch verkürzt.Wir baten den Gründer Paul Laireiter uns das Projekt näher vorzustellen und einen Einblick in die Arbeit im sozialen Bereich, sowie in die Gründungszeit eines Startups zu geben.
SIA:Was war eure Motivation? Warum habt ihr euer Projekt ins Leben gerufen? Wie und wo habt ihr die Idee für euer Projekt bekommen?
MobiDic: Aus meiner eigenen Erfahrung aus dem Sozialbereich weiß ich, dass Dokumentation sehr zeitintensiv und anstrengend, aber dennoch unverzichtbar ist. Warum das Ganze also nicht so gestalten, dass es einfach und effizient wird und eventuell sogar noch Spaß macht? Wir erkannten schnell, dass eine mobile Dokumentationsapp viel Potenzial aufweist und viele Probleme im bürokratischen Alltag gleichzeitig lösen kann. Diese Idee wurde im Rahmen des „Social Hackathons 2018“ in einem interdisziplinären Team weitergesponnen und konkretisiert.
MobiDic: Durch das Weiterarbeiten am Projekt wurde uns klar, wie groß das Einsatzgebiet einer solchen Applikation ist und wie vielen Menschen es den Arbeitsalltag erleichtern würde und vor Allem wie viel Zeit eingespart werden könnte. In erster Linie soll die App im Sozialbereich die Arbeit erleichtern und viel Zeit sparen, da hier die verwendete Zeit für das Dokumentieren nachher für die Klient_innen fehlt und diese würden besonders von der App profitieren, da zusätzliche Zeit für die eigentliche Betreuung gewonnen wird.
SIA: Ein Artikel, der 2012 im Spiegel veröffentlicht wurde, befasst sich mit der Arbeit von Jugendamtsmitarbeiterin. Man findet unter anderem folgende Aussage: „Der Dokumentationsaufwand ist enorm, meiner Einschätzung nach pflegt der Sozialarbeiter nur noch 30 Prozent seiner Zeit den direkten Kontakt zur Familie. In der restlichen Zeit arbeitet er vom Amt aus und dokumentiert.“ Wie wird sich MobiDic auf die geringe direkte Betreuung auswirken?
MobiDic: Es gibt Sozialarbeiter in ganz unterschiedlichen Bereichen, die jetzt schon wesentlich mehr Kontakt zu den Klienten haben als jene, die am Amt tätig sind. Aus meiner Erfahrung ist trotzdem sehr viel Dokumentationsaufwand in sämtlichen Bereichen der sozialen Arbeit da. Durch die App können ca. 50-60 Prozent des Zeitaufwandes für die Dokumentation eingespart werden.
SIA: Woran könnte es liegen, dass Sozialarbeiter bisher noch nicht auf derartige Technologien zurückgegriffen haben?
MobiDic: Aus meiner Erfahrung verwenden im Speziellen große Einrichtungen ihr Dokumentationsprogramm schon seit Jahren oder auch Jahrzehnten. Hier wird derzeit vor allem die herkömmliche Dokumentation am Computer oder sogar noch auf Papier in Form von Formularen verwendet. Eine Dokumentation, wie wir sie machen wollen, gibt es aber bisher noch gar nicht. Die Möglichkeit, dass man ins Handy spricht und das sofort verschriftlicht wird, findet man im Sozialbereich noch nirgends.
SIA: Was ist eure größte Schwierigkeit bei der Entwicklung eures Projektes? Welche persönlichen Eigenschaften helfen euch dabei?
MobiDic: Es tauchen Fragen auf, die wir alleine nicht mehr bewältigen können und dazu brauchen wir Experten, die sich in gewissen Bereichen besonders gut auskennen und uns Tipps bzw. Empfehlungen geben können. Beispielsweise im Bereich des neuen Datenschutzgesetzes stehen wir vor einer großen Herausforderung, da unsere App sensible Daten erfassen würde. Diese Herausforderungen können wir aber gut durch unser Durchhaltevermögen und den Teamgeist der Gruppe entgegentreten. Da wir viele unterschiedliche Typen im Team haben ergibt sich auch ein breites Spektrum an Wissen und Kontakten.
SIA: Und eure Hauptaufgabe ist die Erstellung der App?
MobiDic: Die App weiterzuentwickeln und fertigzustellen, Werbung zu machen und gleichzeitig auch den Bedarf zu erheben, wo die Einsatzgebiete liegen, das sind unsere derzeitigen Hauptaufgaben. Im Rahmen meiner Masterarbeit mache ich auch eine Bedarfsanalyse, in der ich mich damit beschäftige herauszufinden, wie viele Arbeiter im Sozialbereich wirklich dokumentieren müssen, wie hoch der Aufwand dafür ist, wie groß die Zufriedenheit und der Bedarf einer Änderung ist.
SIA: Erzählt uns eine lustige Anekdote aus eurem Projektleben.
MobiDic: Bei der Namensfindung für das Projekt gab es sehr unterschiedliche Meinungen was den Namen „MobiDic“ betrifft. Komischerweise waren unsere weiblichen Teammitglieder besonders skeptisch. Aber durch zahlreiches positives Feedback von Außen konnten wir auch unsere Skeptikerinnen überzeugen.
SIA: Gab es auch schon eine peinliche Situation oder einen besonders tollen Moment (abgesehen von dem SIA Finalist Announcement von dem ihr uns berichten möchtet?
MobiDic: Die schönsten Momente sind immer jene, wo man besonderen Zuspruch und Lob für die Idee des Projekts bekommt bzw. auch die Bestätigung durch eine Jury, die das Projekt zu den Besten unter vielen kürt.
Mehr Information rund um MobiDic und ihr Projekt findet ihr auf Facebook.
Die Interviews mit allen 10 Finalisten werden auf der Website des Social Impact Awards, der Facebookseite des Social Impact Awards, sowie auf dem Blog “This Sustainable Life” von Elisa Gramlich veröffentlicht. Die Interviews dienen dem Community-Voting, für welches man auf der Website des Social Impact Awards bis 25. September 2018 abstimmen kann.