„Das Umsetzungsteam ist viel wichtiger, als viele glauben!“
Interview mit dem SIA-Jurymitglied Katharina Turnauer, die seit 2009 über ihre eigene gemeinnützige Privatstiftung zahlreiche Sozialprojekte und Social Business finanziert und berät. Mit Katharina sprachen wir darüber, worauf es beim […]
Interview mit dem SIA-Jurymitglied Katharina Turnauer, die seit 2009 über ihre eigene gemeinnützige Privatstiftung zahlreiche Sozialprojekte und Social Business finanziert und berät. Mit Katharina sprachen wir darüber, worauf es beim Gründen im Sozialbereich ankommt und warum Geld nicht immer der entscheidende Punkt ist.
Katharina, du unterstützt und begleitest mit deiner Stiftung seit mehr als sieben Jahren soziale Unternehmungen. Was hat dich zur Gründung der Stiftung motiviert und wo steht die KTP heute?
„Sich sozial engagieren war mir schon immer ein großes Anliegen und auch für meine Familie. Wir haben das immer sehr diskret und ohne große Mitwisser getan. 2009, als die Finanzkrise zum Vorschein gekommen ist, haben wir realisiert, dass es nicht unbedingt zielführend ist, Gutes nur ‚unter der Decke‘ zu tun, denn das kann zu Fehleinschätzungen was Unternehmen und ihr Tun betrifft führen. Sicher sind nicht alle Unternehmen sozial engagiert oder ethisch vertretbar, jedoch engagieren sich Viele mehr, als die meisten denken. Nachdem soziale Themen schon immer zu meinen Aufgabengebieten gehört haben, wurde ich mit der Gründung und dem Aufbau der Stiftung 2009 beauftragt. Am Anfang war das gar nicht leicht, und es hat Zeit gebraucht, alle Mitspieler vom Guten zu überzeugen. Heute sind wir eine kleine, aber sehr flexible und auf die Bedürfnisse eingehende Stiftung, die sicher in Österreich auf dem Gebiet soziales Engagement gut mitreden kann.“
Worauf kommt es deiner Meinung bei der Gründung eines Sozialprojekts an?
„Bei der Gründung eines Sozialprojektes kommt es auf mehrere Faktoren an. Die wichtigsten, erscheinen mir, sind folgende: Erstens eine gute Idee mit gutem Businessplan, zweitens ein gutes und sich ergänzendes Team und drittens Finanzen und Netzwerk.“
Ok, der Reihe nach: Was ist für dich eine gute Idee?
„Eine gute Idee ist, wenn sie einen nachvollziehbaren und umsetzbaren Lösungsansatz für eine soziale Herausforderung bringt. Das heißt vor allem auch was wird wirklich gebraucht in der Zeit, in dem Umfeld und in der politischen Situation. Es hat keinen Sinn einen Lösungsansatz zu wählen, der von der öffentlichen Hand verboten ist, oder ein Nebenproblem zu lösen, wenn die Welt am Untergehen ist. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass der Businessplan konkret und umsetzbar ist. Er muss verständlich sein und als Fahrplan und Orientierung gelten können. Natürlich werden einige Aspekte immer wieder den Gegebenheiten angepasst werden müssen, aber es hat keinen Sinn, einen super klingenden Businessplan mit hoch ausgeklügelten Fachausdrücken zu bespicken, der sich dann in der Umsetzung als nutzlos erweist.“
Als zweites erwähntest du das Team. Worauf kommt es dabei deiner Ansicht nach an?
„Das Umsetzungsteam ist viel wichtiger, als viele glauben! Die Beteiligten müssen teamfähig, eigenverantwortlich, belastbar, ausdauernd, flexibel, lernfähig und rücksichtsvoll sein. Ein Projekt aus dem Boden zu stampfen ist ein enormer Kraftaufwand und da müssen alle Beteiligten gut mitmachen. Eine wichtige Frage ist auch, hat das Team das Wissen, Know-how und die Ressourcen, ihr Vorhaben umzusetzen, und wenn fundamentale Punkte diesbezüglich fehlen, wie und wer kann dies ausfüllen.“
Und dann der Bereich Finanzen und Netzwerk. Ist das der wichtigste Aspekt?
„Das gute Geld scheint das Wichtigste zu sein, ist es aber nicht! Geld ist das Benzin, welches das Auto zum Fahren bringt. Ob es aber ein Trabant oder ein Ferrari ist, hängt nicht vom Benzin ab. In anderen Worten heißt das, eine Idee oder ein Team wird mit Geld nicht besser oder schlechter. Nichts desto trotz ist die finanzielle Planung bzw. woher die Finanzierung kommt wesentlich. Es ist auch ganz wichtig, sich zu überlegen, was für ein Finanzierungsmodell ich anstrebe. Ist es ein Social Business, ein spendenabhängiges Projekt, wird es von der öffentlichen oder privaten Hand gefördert, oder ist es ein Hybrid aus mehreren Modellen? Diese Frage ist meines Erachtens bis jetzt oft nicht genug berücksichtigt worden, denn jeder Finanzgeber fordert eigene Prioritäten und Voraussetzungen. Ein gutes Netzwerk erscheint mir auch sehr hilfreich, um ein Vorhaben umzusetzen. Niemand hat alle notwendigen Zutaten schon am Anfang an der Hand und deshalb ist es ganz wichtig Zugang zu einem weit gestreuten Netzwerk zu haben, das einem bei Herausforderungen und Fragen hilft und manchmal auch die nötige Vogelperspektive hinein bringt.“
Zahlreiche der Initiativen, die über die KTP gegründet bzw. gefördert wurden, haben sich erfolgreich etablieren können, weil sie ihre soziale Zielsetzung mit einer nachhaltigen Finanzierung ihrer Aktivitäten verbunden haben. Welche Tipps würdest du jungen Sozialunternehmern mit auf dem Weg geben, um finanziell nachhaltig arbeiten zu können?
„Das ist eine wichtige und auch schwierige Frage. Eine wichtige Frage – wie schon eben erwähnt, ist das Finanzierungsmodell für das Projekt. Das muss schon am Anfang gut durchdacht sein. Es gibt viele Modelle von rein spendenabhängig bis zum sogenannten Social Business mit Renditenerwartung, und natürlich gibt es auch Hybridmodelle. Wichtig ist dabei aber auch zu unterscheiden, von wem ich die Finanzierung anstrebe, ist es die öffentliche Hand und/oder kommt sie vom privaten Sektor. Beide stellen nämlich ganz andere Bedingungen. Während sich die öffentliche Hand genau an die Vorschriften der Leitlinien halten will und muss, ist die private Hand viel individueller und sie will genau wissen, was mi ihrem Geld passiert und wie es ausgegeben wird. Die finanzielle Nachhaltigkeit eines Projektes hängt daher auch sehr von der Beziehung zu den Geldgebern und der professionellen Handhabung der Aufwendungen ab.“
Wie erlebst du den Umgang mit Finanzierung in der Praxis?
„Oft habe ich das Gefühl, dass die Versuchung groß ist, zu glauben, dass man mit einem Social Business langfristig zum Multimillionär wird. So unter dem Motto: „Ich kann ja ein sozialer Bill Gates werden, und der hat ja auch einmal klein angefangen…!“ Das halte ich für sehr gefährlich, denn die Enttäuschung ist so ziemlich vorprogrammiert. Der Fokus sollte immer auf dem Erreichen des sozialen Zieles sein, dann ist es auch leichter Finanzgeber zu finden. Es muss auch klar zwischen öffentlicher Hand und privatem Sektor unterschieden werden. Die öffentliche Hand vergibt Gelder, die nach Förderkriterien vergeben werden, der private Sektor denkt viel wirtschaftlicher, und nachdem es meistens verdientes Geld ist, dass zur Verfügung gestellt wird, will der Geber auch genau wissen, was er damit durch das Projekt erreichen kann. Mit der Vergabe des Geldes ist es beim privaten Sektor noch nicht zu Ende. Er will genau wissen, wie sein Geld eingesetzt wird und wie wirtschaftlich es ist.“
Die gemeinnützige Stiftungsszene ist in Österreich noch wenig entwickelt. Die KTP ist eines der wenigen erfolgreichen Beispiele für gelebte Philanthropie. Woran liegt das?
„Es gibt viele erfolgreiche und sehr engagierte Stiftungen in Österreich. Was sie alle gemein haben, ist, dass hinter der Stiftung ein Mensch ist, der mit viel Engagement und Herzblut hinter dem Tun steht. Ich bin immer mehr davon überzeugt, dass es Authentizität braucht. Menschen heute, sind müde von zu viel Werbeslogans und seichtem Glücksversprechen, welches doch nur ins Leere führt. Wahrhaftigkeit hat eine Kraft, die ansteckt und ausstrahlt. Abgesehen davon braucht es ein gut funktionierendes Team, viel Humor und Professionalität.“
Liebe Katharina, vielen Dank für das Gespräch.